Turmalin
ÜBER DEN TURMALIN
Es gibt wohl keinen Edelstein, der eine so breite Farbpalette zeigt.
Ohne Zweifel gehört der Turmalin zur Spitzenklasse unter den Edelsteinen. Mit einer Härte von etwa 7,5 aus der Mohs-Skala zeigt er angenehme Verarbeitungseigenschaften. Mineralogisch gesehen zählen nach derzeitigem Wissensstand elf Turmalin Arten zu dieser attraktiven Gruppe von Edelsteinen; Fachleute schließen nicht aus, dass sich dieses breite Spektrum noch erweitern wird, denn in den letzten Jahrzehnten hat es immer wieder aufsehenerregende neue Turmalinfunde gegeben. Schon heute sind im Turmalinspektrum fast alle Farben des Regenbogens in natürlichen Vorkommen vertreten.
Darüber hinaus kann man Turmaline durch Wärmebehandlung farblich verändern. Dieses Veredelungsverfahren wird häufig eingesetzt; der Stein wird bei etwa 200 bis 300 Grad Celsius im Ofen "gebrannt". Wenn man bedenkt, dass Rubine bis auf 1500 Grad Celsius erhitzt werden, ist das eher eine niedrige Temperatur. Trotzdem ist das Verfahren nicht ganz risikolos: Steine minderer Qualität, die starke Einschlüsse zeigen, können dabei zerstört werden. Für alle anderen Turmaline aber bedeutet dieser Vorgang eine Aufwertung.
Schmuckstücke mit dem Edelstein Turmalin anzeigen
Bei Mineraliensammlern ist der Turmalin auch heiß begehrt: Qualitäten, die sich nicht für den Schliff zu Schmuckzwecken eignen, schneidet man zu Platten, die häufig faszinierende Farbenspiele zeigen. Grüne Steine mit rosa Kern sind ebenso gefragt wie solche, die in den schönsten Grün-, Blau- oder Brauntönen schimmern. Der schwarze Turmalin, der Schörl, erweist sich bei genauerem Hinsehen als Edelstein von hoher Farbsättigung, der in Wirklichkeit dunkelgrün, dunkelblau oder dunkelbraun ist.
Man könnte den Turmalin auch als "Edelstein für alle Fälle" bezeichnen. Die aktuelle Mode etwa hat eine Vorliebe für Grautöne - mit dem Turmalin ist ein Edelstein zur Hand, der auch diesen Farbwunsch erfüllt. Einen Nachteil allerdings hat die enorme Variationsbreite des Turmalins: So mancher Käufer fürchtet, einen "Allerweltsstein" ohne echtes Profil zu erwerben; ein Vorurteil allerdings, das angesichts der wunderbaren Steine rasch ausgeräumt ist, sobald sich ein Interessent intensiv mit dem schönen Stein auseinandersetzt.
Da man im Handel die Quarzvarietät Citrin und den gelb gebrannten Amethyst mit einer unwahrscheinlichen Hartnäckigkeit als Gold- oder Madeira-Topas bezeichnet, wird zur klaren Unterscheidung der echte Topas von seriösen Händlern "Edeltopas" genannt.
Wegen seiner großen Farbpalette wurde und wird der Turmalin von Laien häufig mit anderen Edelsteinen verwechselt. Historisch belegt ist zum Beispiel ein 255 Karat schwerer rubinroter Rubellit aus dem Kremlschatz, der lange für einen Rubin gehalten wurde. Der schwedische König Gustav III. schenkte den ansehnlichen Stein der russischen Zarin Katharina der Großen. Aber auch so mancher "Smaragd" auf historischen Zarenkronen oder alten russischen Evangeliaren oder Ikonen hat sich schon als grüner Chromturmalin erwiesen. Experten können allerdings häufig schon mit bloßem Auge feststellen, ob es sich bei einem Edelstein um einen Turmalin handelt. Charakteristisch ist nämlich, dass der Stein in verschiedenen Farben schimmert, wenn man ihn dreht (Pleochroismus). Das geht so weit, dass ein falsch geschliffener Stein regelrecht zweifarbig erscheint. Auch gibt es typische Einschlüsse, die ihn von anderen Edelsteinen unterscheiden. Zuletzt zeichnet ein spezieller Turmalinglanz diesen wunderbaren Stein aus. Natürlich gibt es daneben die üblichen gemmologischen Verfahren, mit denen sich der Edelstein zweifelsfrei bestimmen lässt.
Seit Jahrzehnten ist vor allem das blaue Farbspektrum des Turmalins gefragt. Experten bezeichnen diese Gruppe als Indigolithe. Die Preise für solche exquisiten Steine sind deshalb in schwindelerregende Höhen gestiegen. Für die besonders geschätzten Paraiba-Turmaline aus Brasilien etwa werden inzwischen Preise von bis zu 20.000 US-Dollar für ein bis zwei Karat bezahlt.
Der Turmalin eignet sich für viele verschiedene Schliff-Formen. Cabochons, traditionell für Steine mit leichten Einschlüssen verwendet, können ebenso attraktiv sein wie die typischen Baguette-Schliffe, zu denen der Turmalin seiner natürlichen Stäbchenform wegen häufig geschliffen wird. Der Laie sollte bei der Auswahl des Turmalins auf eine reine Farbe und einen feinen Farbton achten. Der Stein muss sauber sein. Ein roter Turmalin sollte keinen braunen oder violetten Ton aufweisen, ein Grüner keine Gelben oder Braunen. Einschlüsse, so interessant sie wirken können, sind immer wertmindernd!
Turmalin-Vorkommen gibt es fast überall auf der Welt, wobei in Europa die geringsten Mengen und höchstens unbedeutende Qualitäten zu finden sind. Die ältesten bekannten Schürfgebiete liegen in Asien. In Burma, Indien, und Sri Lanka ist der Abbau von Turmalin seit dem frühen 17. Jahrhundert belegt. Dort sind vor allem die Varietäten Elbait, Dravit, Uvit und Schörl vertreten. Rosafarbene Turmaline aus Burma wurden häufig nach China verkauft. Die chinesische Kaiserin Tz´-Hsi, die von 1860-1908 regierte, hatte eine ausgeprägte Vorliebe für diesen Stein. Die Chinesen liebten es unter anderem, rosa Turmalin ähnlich wie Jade zu schneiden. Eine Mine für Turmaline mit gelben und grünen Dichroismus gibt es in Afrika (Süd-Kenia). Er wird "Savannah – Turmalin“ genannt und besticht durch seine hohe Klarheit. Er gehört der Gruppe der Dravit-Uvit Mischkristalle an. Auch in der Astrologie schätzt man den Turmalin übrigens als Monatsstein für den Oktober. Kontaktfähig soll er seinen Träger machen, Freundschaften stiften und für Harmonie sorgen. Mehr kann man von einem exquisiten Schmuck wirklich nicht erwarten.
Paraiba-Turmalin schon fast Legende
Wenn auf der Welt etwas Neues erforscht wird, ist das immer eine spannende Nachricht. Ist die Entdeckung fotogen, vermitteln uns bald Bilder im Fernsehen und in den Printmedien einen Eindruck von dieser Sensation. Doch oft genug muss das Neue mit Worten beschrieben werden, und dann versucht man es mit Vergleichen, um Bilder in den Köpfen der Interessierten zu erzeugen.
Wie aber soll man einen neuen Edelstein beschreiben, der eine in diesem Bereich noch nie dagewesene Farbe hat?
Vor diese kniffelige Aufgabe stellt der Paraiba-Turmalin Insider und Juwelen-Freunde immer wieder. Als die blaugrünen Steine Ende der 80er Jahre im Handel auftauchten, schwärmten alle Augenzeugen von dem Superfund, aber suchten nach passenden Worten, um das bisher unbekannte Farbfeuer zu schildern. Elektrisch-blau, neon, fluor, pfauenfarbig - das alles vermag nur anzudeuten, was die Erde hier Wunderbares hervorbrachte. Wer sich von Mythen und Übersinnlichem angesprochen fühlt, der macht sich vielleicht ein Bild aus der Deutung: Paraiba-Turmalin ist wie die Verschmelzung des Grals mit dem Stein der Weisen unter Berührung der Blauen Blume. So gibt es eigentlich nur eine Lösung des Problems. Schauen, fragen, suchen Sie so lange, bis Sie selber diesen Edelstein zu Gesicht bekommen haben. Dann wissen Sie endlich, wovon die Rede ist.
Von der Schwärmerei zu den nüchternen Tatsachen. Was ist an Paraiba-Steinen so neu und besonders? Turmaline, eine Gruppe von Mischkristallen der Silikatklasse, erfreuen sich immerhin schon seit fast 300 Jahren großer Beliebtheit. Sie sind härter als Quarz, von mittlerer Lichtbrechung und kommen in allen Schattierungen des Regenbogens vor.
In Ihrer Vielfarbigkeit werden sie von keinem anderen Edelstein übertroffen. Landläufig bekannt sind sie jedoch nur in einem mehr oder weniger dunklen Flaschengrün, vielleicht noch in Rosenrot, wie es die Amerikanerinnen schätzen. Dafür gibt es eigene Bezeichnungen, Verdelith und Rubellit. Daneben kennen Mineraliensammler den schwarzen undurchsichtigen Turmalin, den Schörl, und wer noch ein wenig mehr mit der Materie vertraut ist, weiß, dass sich hinter dem Indigolith ein blauer Turmalin verbirgt. Aber dieses Blau ist mild und dezent, eine Farbe, die eher in den Schatten als zu himmlischen Sphären zieht. Indigolithe sind aus Brasilien, Namibia, Madagaskar und den USA bekannt. Plötzlich tauchen nun Turmaline auf, die unerhört leuchten, stark und temperamentvoll in ihrer Farbwirkung von Blau bis Grün mit allen Zwischenschattierungen sind.
Das Geheimnis ihrer Farbe war bald gelüftet. In den meisten Edelstein-Mineralien verursachen Metalle auf bestimmten Plätzen im Kristallgitter den Farbton - übrigens ein Phänomen, das auch für bunte Blumen sorgt. Gewöhnlich finden sich im Turmalin Eisen, Mangan, Chrom und Vanadium. In den strahlend blaugrünen Paraiba-Turmalinen aber entdeckte man bemerkenswert hohe Anteile von Kupfer, dem Metall, das z. B. den Malachit grün, den Azurit blau und den Türkis eben türkis färbt. Wenn auch der Neufund keinen wirklich neuen Edelstein betrifft, so war uns die einmalige Farbskala aufsehenerregend genug. Die Zusatzbezeichnung "Paraiba" hat schnell prickelnden Klang bekommen.
Brasilien ist das klassische Land der Turmaline, die hier in allen Farben gefördert werden (erst in jüngerer Zeit machen auch afrikanische Fundstellen von sich Reden). So mag es selbstverständlich sein, dass die neue Edelstein-Diva ebenso vom südamerikanischen Kontinent kommt. Paraiba ist nämlich der Name des nordöstlichsten Bundesstaates von Brasilien. Hier liegt das Vorkommen im Bezirk Salgadinho.
Turmaline in exotischen Farben tauchen seit 1982 in verschiedenen Pegmatitlinsen im südwestlich der Ortschaft Sao José de Batalha gelegenen Höhenzug auf. Die Kristalle waren zwar bis zu einem Meter lang, aber so rissig und brüchig, dass sie schon beim Herausklopfen aus dem Muttergestein zerfielen. Ein Jahr später wurden im Rahmen eines Edelstein-Prospektionsprogramms vier kleine Vorkommen kartographisch erfasst. Erst im Sommer 1987 wurde eine weiter Turmalinader geöffnet, aus der endlich das erste schleifwürdige Material geborgen werden konnten.
Geschliffene Steine von Karatgröße fielen 1989 auf der Edelsteinbörse von Teofilo Otoni natürlich auch den Ausländern auf. Von da ab pflanzten sich Neugier und Nachfrage um die ganze Welt fort. Alle Steine, die in Edelsteinqualität aus den Batalha-Minen kamen, hatten nämlich eine Superfarbe, von smaragdgrün über rosenrot bis violett und auch mehrfarbige Steine kamen heraus. Das Rennen machten die blaugrünen Exemplare, denn ihr Leuchten ist von großer Faszination und animierte Goldschmiede und Schmuckdesigner zu kühnen Kreationen. Das muss auffallen, wenn man Türkis mit Pink, Gelb, Rot oder Grün kombiniert. Die größten blauen Paraiba-Turmaline haben immerhin ein Gewicht von bis zu acht, die Grünen gar bis 20 Karat.
Bei genaueren Untersuchungen fand man in den Steinen, die zur Gruppe der Elbaite gehören, neben dem Kupfer auch Mangan, Wismut und Spuren von Gold. An Einschlüssen sind für diesen Fundort neben Hohlkanälen goldfarbene Kupferflitter typisch.
In den folgenden fünf Jahren wurde der ganze Höhenzug bei Sao José de Batalha durchwühlt und der verheißungsvolle Hügel quasi abgetragen. Seit 1993 ist die Mine geschlossen, die Ader erschöpft. Nur etwa 20 kg schleifwürdiges Material soll gefördert worden sein. Das lässt ermessen, wie schnell die Preise steigen werden, denn Diamanten sind dagegen ja fast alltäglich. Auch der Bericht vom Mord an einer vierköpfigen brasilianischen Familie, die vier Kilo dieser seltenen Turmaline besaß, ist leider vermutlich nicht nur ein Gerücht.
Farblose Turmaline gehören zu den Elbaiten, Draviten und Uviten. Rosa Turmaline können Elbaite, Liddicoatite, Olenite oder Tsilaisite sein. Rote Turmaline, wegen ihrer Farbe auch Rubellite genannt, gehören zu den Draviten. Zu den gelbbraunen Turmalinen gehören Dravit, Uvit Schörl und Buergerit sowie Dravit-Uvit-Mischkristalle. Braune Turmaline sind Dravite. Blaugrüne Turmaline erweisen sich als Elbaite, Dravite, Schörl und Uvite. Leuchtend grüne Steine werden als Chromturmaline bezeichnet; mineralogisch betrachtet handelt es sich bei der grünen Farbpalette um Dravit, Uvit und Elbait-Liddicoatit. Die gelbgrüne Variante zählt ebenso wie die blaue Farbpalette (Indigolithe) zu den Elbaiten.